Kreislaufwirtschaft in der digitalen Architekturplanung


Schon im Jahr 1970 überstieg der jährliche Ressourcenverbrauch die global zur Verfügung stehenden Ressourcen. Die Baubranche hatte bereits damals einen wesentlichen Anteil daran. Der sog. „Earth Overshoot Day“, ab dem wir aus Ressourcen schöpfen, die noch vielen Generationen zur Verfügung stehen sollten, wanderte über die vergangenen 50 Jahre immer weiter nach vorn. Im Jahr 2021 war es bereits der 29. Juli – danach lebten wir „auf Pump“ an unserer Erde. Digitale Werkzeuge im Planen und Bauen können jedoch helfen, diese dramatische Entwicklung zu verlangsamen oder mittelfristig sogar zu stoppen.

Knapper werdende Rohstoffe wie Aluminium- und Eisenerz aber auch Bausand oder Gips und unser immens wachsender Bedarf machen es immer wichtiger, Ressourcen zu schonen und verwendete Baustoffe oder Bauprodukte zu recyceln. Das heißt, dass mit der Verarbeitung zu einem Produkt die darin gebundenen Wertstoffe nach dessen Produktlebensende erneut Verwendung finden. Damit das möglich ist, wird ein sortenreines Recycling notwendig, das eine große Bandbreite neuer Einsatzmöglichkeiten erlaubt.

Ressourceneffizientes wirtschaften

Einem zirkulären Wertstoffkreislauf, der uns allen spätestens mit der Einführung des Grünen Punkts oder umfassender Hersteller-Rücknahmeverpflichtungen für ihre Produkte nach deren Lebensende immer präsenter wird, kommt hierbei besondere Bedeutung zu. Die Kreislaufwirtschaft ist erst mit den 1990er Jahren erdacht und gefördert worden. Zuvor ging die Linearwirtschaft von der singulären Nutzung von Rohstoffen in einem Produkt aus, die nach dem „end of Life“ buchstäblich auf dem Müll oder in der Müllverbrennung landen. Diesem Irrsinn, den viele Volkswirtschaften bis weit in die 2000er Jahre fortsetzten, wird heute der Kreislaufgedanke entgegengesetzt. Er fußt auf einer nachhaltigen Förderung, Produktion, Nutzung und erneuten Verwertung von Rohstoffen.

Zirkulär bauen mit digitalen Werkzeugen

Die Bauwirtschaft ist einer der größten Rohstoff-Verbraucher weltweit. Laut Deutscher Bundesstiftung Umwelt werden allein in Deutschland jährlich mehr als 560 Mio. Tonnen mineralischer Werkstoffe verbaut. Über 40 % des globalen Ressourcenverbrauchs und mehr als 30 % der globalen CO2-Emissionen sind dem Bauen zuzurechnen.

Damit das Bauen in Zukunft ressourcenschonender wird, gibt es unter anderem digitale Plattformen und Werkzeuge, die Planende wie Bauausführende beim Ressourcenschutz unterstützen. Durch ihren Einsatz wächst die Transparenz im Planungs- und Bauprozess: Strukturierte Daten stehen über herstelleroffene Schnittstellen allen Planungsbeteiligten zur Verfügung; digitale Planungsmethoden wie BIM verbessern die Planungs- und Ausführungsqualität – und verringern Folgekosten. Ihr Einsatz optimiert den Material- und Rohstoffverbrauch sowie Bauprodukteinsatz, denn Fehlerquellen bei der Massen- und Mengenermittlung oder statisch-konstruktive Problempunkte werden lange vor der Bauausführung gefunden und im Team gelöst.

Eine große Herausforderung liegt aktuell dennoch in der Qualifizierung von Bauprodukten, die wichtige umweltschutzrelevante Aspekte berücksichtigt. Denn die Bandbreite und die Funktionalitäten der Bauprodukte im Markt ist unüberschaubar. Ein wichtiges Instrument sind daher die Umweltproduktdeklarationen (EPDs), in die u.a. Angaben zum Lebenszyklus eines Bauprodukts, Ökobilanzkennwerte sowie Prüfergebnisse zu Emissionswerten (VOC) einfließen. Die exakte Bewertung eines Bauprodukts kann aber immer nur im Zuge einer umfassenden Lebenszyklusanalyse erfolgen – zum Beispiel im Rahmen einer Gebäudesimulation mit einer speziellen Software zur Gebäudelebenszyklusanalyse. 

Digitale Planung und Fertigung für Ressourcenschutz und Recycling

Digitale Werkzeuge in der Planung und eine digital gesteuerte Fertigung sowie Produktion sind weitere Hebel, zukünftig a) ressourcenschonend und b) nachhaltig im Sinne eines Werkstoffkreislaufs zu bauen. Die digitale Arbeitsmethode BIM bietet mit einer bauteilbezogenen 3D-Planung verschiedene Optionen, wichtige Produktparameter (geometrische Daten, statische Gegebenheiten, Einsatzbereiche, Materialien und Oberflächenbeschichtungen etc.) bereits im Gebäudemodell und vor dem Bauprozess zu hinterlegen. Im Zuge der Ausschreibung und Bauausführung, lassen sich diese Daten noch ergänzen, anpassen und über ein „as built“-Modell für den Gebäudebetrieb weiternutzen. Im Bauwerk gebundene Ressourcen werden damit transparent, über den gesamten Nutzungszeitraum und für ein späteres Recycling verfügbar.


27.04.2022