BIM-basierter Bauantrag: Vorteile und Herausforderungen


Der Weg vom ersten Entwurf bis zum fertigen Gebäude nimmt viel Arbeit und Zeit in Anspruch. Nicht selten vergehen allein bis zur Baugenehmigung viele Monate – von der Einreichung bis zur Erteilung der Genehmigung dauert dies (je nach Komplexität des Projekts) bis zu einem halben Jahr oder auch länger. Zeigt sich bei der Bearbeitung im Bauamt, dass noch wichtige Unterlagen fehlen oder bau- und planungsrechtliche Fragen nicht eindeutig beantwortet sind, verlängert sich der Zeitraum bis zum ersehnten Baustart nochmals. Hier könnten ein BIM-basierter Bauantrag, digitalisierte Verfahrensabläufe und die Automatisierung von Basisprozessen viel bewirken, wie die Firmenzentrale der Louis Opländer GmbH in Dortmund belegt.

Dass Baugenehmigungen so lange Zeit in Anspruch nehmen können, liegt vor allem an der Komplexität der Prüfabläufe, der Vielzahl einzubindender Behörden und Prüfinstanzen – und an den überlasteten Bauabteilungen in Städten und Gemeinden. Hinzu kommt, dass jedes Bundesland die Projekte mithilfe der eigenen Landesbauordnung auf ihre Konformität prüft. Sicher: Es gibt eine Fülle von Parallelen in den Bauordnungen zum Beispiel in Niedersachsen und Bayern. Dennoch wird die Einhaltung allgemein gültiger Vorschriften und Normen, ebenso wie die bauordungsbedingten Unterschiede in jedem Bundesland, stets individuell geprüft. Das bedeutet stets hohen Zeit- und Personalaufwand. 

Die BIM-basierte Einreichung: Die Zukunft des Bauantrags ist digital

Die Stadt Dortmund geht einen anderen Weg und arbeitete früh mit verschiedenen Partnern am BIM-basierten Bauantrag: Die untere Bauaufsicht der Stadt war bereits ab 2018 in das Bundesforschungsprojekt „BIM-basierter Bauantrag“ involviert; im Februar 2021 konnte man die erste digitale BIM-basierte Baugenehmigung vermelden. Wichtiges Pilotprojekt war der Firmenneubau für die Louis Opländer GmbH, einem führenden Unternehmen für technische Gebäudeausrüstung in Nordrhein-Westfalen. In dem Vorhaben zur umfassenden Digitalisierung bei Einreichung und Bearbeitung von Bauanträgen fanden der Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen der Ruhr-Universität Bochum unter der Leitung von Prof. Markus KönigIDAI Drahtler Architekten, die Louis Opländer GmbH als Bauherr und die Stadt Dortmund zusammen. Das BIM-Competence-Center des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen unterstützte das interdisziplinäre Projektteam darüber hinaus.

Erstmals wurde der Bauantrag für das Dortmunder Projekt IFC- und BCF-basiert eingereicht. Das heißt: herstelleroffen und sowohl für Planungs- wie Prüfprogramme les- und auswertbar. Wichtige Parameter und Anforderungen ließen sich somit digital und automatisiert abprüfen. Ebenso konnten die eingereichten Unterlagen und Modelle auf ihre Plausibilität sowie Vollständigkeit gecheckt werden. Ziel für die Zukunft ist es nun, mittelfristig sowohl die Beteiligten im Planungs- und Bauprozess als auch die Bauämter zu entlasten

Genehmigt wurde die Firmenzentrale für den Heizungs- und Klimatechnik-Spezialisten als Büro- und Verwaltungsgebäude mit einer Montagehalle, eingegliederten Laborflächen und Stellplätzen im Außenbereich. Das Vorhaben erstreckt sich insgesamt auf rund 3.000 Quadratmeter BGF. Die Bauantragseinreichung erfolgte im Oktober 2020, der Spatenstich bereits im März 2021; seit Frühjahr 2022 ist die Zentrale fertiggestellt und in Nutzung.

Die technische Gebäudeausrüstung ist so konzipiert, dass möglichst wenig Primärenergie genutzt wird. Zentrales Element des zukunftsweisenden Projekts ist die Wärme- und Kälteversorgung über ein Eis-Energiespeichersystem. Dies besteht im Wesentlichen aus einer Wärmepumpe, einem Solar-Luftabsorber und einem 135.000 Liter großen Eisspeicher. Eingebunden in die Haustechnik sind darüber hinaus Photovoltaik- und Solarthermiekollektoren, die das System zur Wärme- und Kälteversorgung optimal ergänzen.

BIM-Planung und Open BIM vereinfachen Prüfroutinen

Für das planende Architekturbüro, den Bauherrn, die Stadt und die eingebundene Universität, stellte der gesamte Projektverlauf ein Novum dar. Im Rahmen der begleitenden Forschung und vor dem Hintergrund der konkreten Planungsaufgabe, sind die Ergebnisse ein wichtiger Meilenstein für die Etablierung eines BIM-basierten und in weiten Teilen automatisierten Prüfungsprozesses. Vor allem das Verständnis der Zusammenhänge von Entwurf, Planung und Anforderungsprofil des Auftraggebers erleichtern das BIM-Modell und die modellbasierte Einreichung eklatant. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Bauaufsichtsbehörde der Stadt Dortmund in ihrem Abschlussbericht zum Pilotprojekt. Ebenso unterstützt die modellbasierte Planung die interdisziplinäre Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten – einschließlich der Prüfbehörden. Das allerdings immer unter der Maßgabe, dass im Sinne eines offenen, eines „Open BIM“-Planungsansatzes, IFC und BCF-basiert gearbeitet wird. 

Einheitliche Modellierungsrichtlinie ist die wichtige Basis

Das Projekt erforderte bis zur Baugenehmigung parallel viel Arbeit in Erstellung und Prüfprozess. Einer der wesentlichen Gründe dafür liegt in der Rechtsverbindlichkeit, die noch immer auf Basis der einzureichenden Planunterlagen und Formulare in Papierform erzielt wird. Hier wird sich im Zuge einer Digitalisierung rechtsverbindlicher Prozesse in der gesamten Genehmigungslandschaft in Deutschland noch einiges verändern müssen. Diese Aufgabe betrifft allerdings nicht nur das Planen und Bauen, sondern ebenso eine Vielzahl anderer Bereiche in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. Für DA Drahtler Architekten hat sich der Aufwand dennoch gelohnt: Der Nachweis, dass Planungsunterlagen modellbasiert eingereicht und Prüfprozesse automatisiert angestoßen werden können, ist erfolgreich erbracht. Für einen breiten, bundesweiten Einsatz einer anzustrebenden BIM-basierten Einreichung ist noch ein längerer Weg zurückzulegen. Vor allem eine einheitliche Modellierungsrichtlinie, in der die Anforderungen an das IFC-Modell zur Einreichung in den Bauantragsprüfung festgelegt ist, ist im Vorfeld wichtig. Denn nur dann ist eine Standardisierung von sich immer wiederholenden und identischen Prüfungen innerhalb verschiedener Bauantragsverfahren möglich.  

Das Dortmunder Projekt wird Schule machen

Genehmigungsbehörden und alle am Bau Beteiligte können in naher Zukunft von einem digitalen Bauantragsverfahren profitieren und durch Projekte wie den Firmenneubau Louis Opländer auf wichtige Erfahrungswerte zurückgreifen. Momentan ist jedoch in verschiedenen länderspezifischen Bau-Portalen (z.B. im Rahmen des Elektronischen Bau- und Genehmigungsverfahrens EBG des Landes Berlin) die digitale Einreichung von Bauanträgen nur in Form von 2D-basierten PDF-Dateien und Formularen möglich. Das ist ein Medienbruch, denn im 3D-Gebäudemodell lassen sich eine Fülle von zuvor definierten Objekteigenschaften (Attributen) hinterlegen, die im Genehmigungsverfahren prüfbar wären. BIM-Modelle müssen derzeit jedoch von den Planenden in 2D-Pläne überführt und darüber hinaus papierbasiert eingereicht werden, was einen Medienbruch bedeutet. Die zuständige Genehmigungsbehörde kann das Potenzial der BIM-Methode somit noch nicht ausschöpfen. Im Hinblick auf die von der Bundesregierung beschlossene Wohnungsbauoffensive wäre eine effiziente Bearbeitung jedoch dringend notwendig, denn sowohl die Bearbeitungsdauer als auch der Aufwand für die Mitarbeiter:innen in den chronisch überlasteten Baubehörden würden damit spürbar sinken.


22.09.2022