Hoffnungshäuser – digital produziert


Unter dem Namen Hoffnungshäuser sind seit 2017 insgesamt 27 bezahlbare Wohngebäude entstanden. Sie basieren auf einem modularen Baukasten, wurden mit BIM geplant, in serieller Fertigung realisiert und auf der Baustelle nur noch montiert.

2017 hat die Andoffice Freie Architekten PartGmbB für die Hoffnungsträger Stiftung in Baden-Württemberg das erste Hoffnungshaus in serieller Bauweise geplant. Inzwischen haben die Architekten zusammen mit den Holzbauunternehmen Müllerblaustein Holzbauwerke GmbH und Sohm Holzbautechnik GmbH 27 Hoffnungshäuser an 13 verschiedenen Standorten fertiggestellt. Und es werden noch mehr. Um architektonische und baukonstruktive Qualität bei niedrigen Baukosten zu generieren, setzen die Gebäude auf Wiederholung nach dem Baukastenprinzip. Die Kombination weniger Elementmodule ermöglicht unterschiedliche Gebäudegrößen und -längen von 12 bis 24 m, sodass auf standortspezifischen Kontext flexibel reagiert werden kann. Indem das Grundkonzept weitgehend auf tragende Innenwände verzichtet, erlaubt es außerdem multifunktionale Grundrisse, die sich an verschiedene Nutzer anpassen lassen.

BIM trifft Baukastensystem

Der Entwurf, die Eingabe-, Werk- und Fertigungsplanung sowie die Ansteuerung der Abbundanlagen und Multifunktionsbrücken zur Fertigung der Hoffnungshäuser basieren auf Building Information Modeling (BIM), „wobei die komplette Prozesskette auf minimierte Zeitaufwände ausgelegt wurde“, verrät Thorsten Blatter, Architekt und Partner im Büro Andoffice. Auf Grundlage des passend zum jeweiligen Standort aus dem Baukastensystem ausgewählten Hoffnungshaustypen, können der Entwurf und die Eingabeplanung effizient bearbeitet werden. Da auch alle Bauteilaufbauten und Regeldetails schon entwickelt sind, genügt die Wartezeit bis zur Baugenehmigung, um die Werkplanung und Vorfertigung abzuschließen. Die BIM-Daten ermöglichen darüber hinaus eine Kollisionsprüfung, sodass Fehlerquellen im Vorfeld der Produktion behoben werden können.

Vorfertigung perfektioniert

Auf Grundlage der BIM-Datenbasis beginnt im Anschluss die Vorfertigung der dem vereinfachten Baukastensystem entnommenen Wand- und Deckenelemente in den Holzbaubetrieben. „Diesen Prozess haben wir im Verlauf der 27 Bauvorhaben ebenso optimiert wie die Montage vor Ort“, zieht Thorsten Blatter Bilanz. So werden Balkonbrüstungen und -platten als Elemente produziert und direkt auf die Baustelle geliefert. Auch die mehrfach nutzbaren Schalungselemente der Betonplatten sind vorgefertigte Bauteile. Die zugekauften Deckenplatten werden ebenfalls vorproduziert und vom Zulieferer just-in-time direkt auf die Baustelle geliefert. „Der höchste Vorfertigungsgrad lässt sich jedoch bei den Wandelementen erreichen“, informiert der Architekt. Sie werden an den Multifunktionsbrücken bereits inklusive der Außenhaut und der fertig bearbeiteten Innenseite sowie der Fenster im Werk komplettiert. Entsprechend gering ist der Montageaufwand vor Ort.

Lagerwirtschaft von großen Elementen

„Anfänglich haben die Holzbaubetriebe z. B. die Wandelemente sogar auf Halde produziert, um sie dann in die jeweils passenden Gebäudetypen zu integrieren. Diese Methode verfolgen wir jedoch aktuell nicht weiter“, gibt Blatter bekannt. Zum einen erforderte die Produktion auf Halde erheblichen Aufwand für das Handling der großen Bauteile. Diese mussten mehrfach umgesetzt und zwischengelagert sowie bisweilen doch noch verändert werden. Das hat sich als unwirtschaftlich herausgestellt. Zum anderen „haben sich die Förderrichtlinien für bezahlbaren Wohnraum im Laufe der letzten Jahre mehrfach geändert. Nach der EnV als Standard kam KfW 55, dann KfW40, mittlerweile sind wir beim Effizienzhaus 40NH mit Qualitätssiegel als Voraussetzung für die Förderlinien angelangt“, zählt der Architekt auf. Derart große Unsicherheiten machten eine Lagerwirtschaft unmöglich, da die Wandaufbauten jeweils an die neue Gesetzgebung angepasst werden müssen. Stattdessen sollen die Sanitärzellen künftig vorgefertigt, gelagert, und inklusive der darin integrierten Hausverteiler als Komplettbauteile angeliefert werden. Vor Ort müssen dann nur mehr die Leitungen angeschlossen werden, sodass der Innenausbau sich verkürzt. 

Vier Tage und der Dreigeschosser steht und ist dicht

„Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass es vernünftiger ist, den Rohbau in Elementen vorzuproduzieren und diese direkt auszuliefern bzw. von den Zulieferern just-in-time auf die Baustelle bringen zu lassen“, ist der Planer mittlerweile überzeugt. Stattdessen fanden die Planungs- und Baubeteiligten andere Wege, um die komplette Prozesskette weiter zu perfektionieren. Beispielsweise wurden die mehrschichtigen Bauteile vereinfacht und die Montagezeit für den Rohbau optimiert.  Auch das spart Zeit. Brauchten die Zimmerer bei den ersten Gebäuden noch eine Woche für die Montage eines Geschosses, genügen für den Aufbau eines Dreigeschossers inzwischen vier Tage, dann steht das Haus und ist regendicht. 


08.11.2022