Proptechs verändern die Immobilienwirtschaft


PropTechs krempeln die Immobilienwirtschaft um: Mit digitalen und vernetzten Technologien können Prozesse ganz neu gesteuert und optimiert werden. Dies gilt auf nahezu allen Ebenen und Bereichen der Immobilienwirtschaft. Dazu zählt beispielsweise der Einsatz moderner Sensoren, um die Bewirtschaftung von Bauwerken deutlich effizienter machen. Im Interview erklärt der PropTech-Experte und Blog-Betreiber Nicolai Roth, was PropTechs sind und welche Anwendungen schon heute gängig sind.

Der Begriff PropTech wird in der Immobilienbranche gegenwärtig vermehrt gebraucht. Was ist unter PropTech zu verstehen und welche Ziele werden verfolgt?

PropTech ist kurz für Property Technology. Mit diesem Sammelbegriff werden unterschiedliche, innovative Technologien bezeichnet, die in der Immobilienbranche zum Einsatz kommen. Die technischen Entwicklungen orientieren sich an bestehenden, analogen Prozessen, Produkten und Geschäftsmodellen und übertragen diese zumeist in die digitale Welt. Dabei zielen PropTechs im Wesentlichen darauf ab, die vorherrschenden Prozesse effizienter und gleichzeitig transparenter zu gestalten. So werden beispielsweise Akten in digitalen Datenräumen gespeichert und von dort aus per Knopfdruck für verschiedene Personen freigegeben. Der zum Teil noch postalische Versand und die ständige Datensammlung an verschiedenen Stellen kann so massiv reduziert werden. Ein anderes Anwendungsfeld von PropTech ist die Digitalisierung der Instandhaltung. Digitale Sensoren werden bei Immobilien nachgerüstet oder bei Neubauprojekten direkt verbaut, um alle Verbrauchsdaten durch Algorithmen kontrollieren zu lassen. Über einfaches Interface kann so die gesamte Haustechnik überwacht werden.

Welche Anwendungsfelder stehen im Fokus von PropTechs und welche digitalen Technologien bieten sich insbesondere für die Projektentwicklung an?

PropTech-Anwendungen finden sich in allen Lebensphasen einer Immobilie. Im Rahmen der Projektierung lassen sich die interessantesten Entwicklungen im Bereich Building Information Modeling (BIM) feststellen. Die PropTechs auf diesem Feld interessieren sich vor allem für Möglichkeiten, Immobilien energieeffizient zu bauen. Dafür werden zunächst digitale Modelle erstellt, deren Betrieb simuliert werden kann. Dank digitaler Datenräume können bürokratische Prozesse bei Bauprojekten zudem effizienter gestaltet werden. Die Verwendung von Bewirtschaftungs- und Instandhaltungstools stellt außerdem nötige Daten zur Verfügung, um die erstellten Modelle zu benchmarken. Weitere Themen und Anwendungsfelder sind beispielsweise Immobilienplattformen, um die Suche nach Bauland zu vereinfachen. Das heiße Thema Schwarmfinanzierung kann zudem eine interessante Alternative zu klassischen Finanzierungen von Bauprojekten darstellen. Dabei veröffentlicht die Crowd-Investing-Plattform das jeweilige Projekt und Privatpersonen können schon für kleine Summen investieren.

PropTechs haben das Potential, in den kommenden Jahren die Immobilienbranche disruptiv zu verändern und bestehende Marktverhältnisse umzugestalten. Welche Chancen und Herausforderungen bieten Proptechs für die mittelständische Wirtschaft?

Wir sind davon überzeugt, dass die mittelständische Immobilienwirtschaft in besonderem Maße von dem PropTech Trend profitieren kann. Durch ihre Größe können kleine und mittelgroße Unternehmen besonders flexibel und agil auf neue Trends reagieren und diese in bestehende Geschäftsprozesse integrieren. Die große Herausforderung für KMUs besteht jedoch darin, die schiere Menge von PropTech Anwendungen im Blick zu behalten. Aktuell zähle ich rund 289 Unternehmen, die als PropTech bezeichnet werden können. Es ist entscheidend, dass KMUs über die Entwicklung neuer Lösungsmodelle aufgeklärt sind, um die eigene Strategie zu hinterfragen und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu verteidigen. Hier ist insbesondere das PropTech Yearbook zu empfehlen, das jährlich von den blackprintpartners herausgegeben wird und eine detaillierte Übersicht zu aktuelle PropTech Anwendungen und Unternehmen im deutschsprachigen Raum zusammenstellt.


27.05.2019