Open Notre-Dame: Das digitale Puzzle beginnt


Das französische Start-Up Iconem und Microsoft haben gemeinsam das Open-Source Projekt „Open Notre-Dame“ gegründet. Das Ziel: die größtmögliche Sammlung an visuellen Dokumenten über das historische Bauwerk und die damit verbundene Erstellung von hochpräzisen 3D-Modellen.

Vor gut einem Jahr gingen die Bilder des Großbrandes der Kathedrale Notre Dame in Paris um die Welt. Das historische Bauwerk wurde schwer beschädigt, der einzigartige hölzerne Dachstuhl nahezu vollständig zerstört. Der Wiederaufbau von Notre Dame ist unmittelbar nach den Löscharbeiten zu einem nationalen Anliegen erklärt worden und Präsident Macron versprach, dass Notre Dame schon fünf Jahre später wieder erstrahlen werde. Jedoch, die Restauratoren, Architekten, Planer und Heerscharen weiterer Spezialisten sehen sich etlichen Herausforderungen gegenüber. So liegen beispielsweise grundlegende Baupläne des einzigartigen Dachstuhls aus Eichenholz nicht mehr vor. Die Holzkonstruktion entstand im frühen 13. Jahrhundert und wurde wegen der Unmengen an Eichenholz, das verbaut wurde, ehrfürchtig als “Wald” bezeichnet. Wie das Kompetenzzentrum Planen und Bauen bereits in einem früheren Beitrag berichtet hat, können visuelle Dokumentationen über Notre Dame, wie etwa die des Architekturhistorikers Andrew Tallon oder des Spieleentwicklers Ubisoft, nun als wertvolle Vorlagen für die Rekonstruktion dienen. Auch andere Tech-Unternehmen widmen sich dem Wiederaufbau.

So haben sich das französische Start-Up Iconem und der US-amerikanische Techgigant Microsoft zusammengeschlossen, um gemeinsam an dem visuellen Open-Source Projekt „Open Notre Dame“ zu arbeiten. In einem ersten Schritt soll eine Vielzahl von Dokumenten über das historische Bauwerk gesammelt werden. Hierzu wurde eigens die öffentlich zugängliche Plattform “opennotredame” gegründet, damit möglichste viele Bildquellen akquiriert werden können. Jeder, der Notre Dame einmal fotografiert hat, kann auf dieser digitalen Plattform seine Bilder einreichen. Zudem können auch vorhandene historische Unterlagen zur Kathedrale – zum Beispiel Archiv- und Besucherfotos, Pläne, Schnitte – oder bisherige 3D-Modelle, mit in das Projekt integriert werden. Weitere Partner tragen bereits zu diesem Projekt bei, wie etwa die Luftbilder des Starfotografen Yann Arthus-Betrand oder die besagten Videospiel-Aufnahmen von Ubisoft. Mit der Ansammlung unterschiedlicher Bilddaten kann das Bauwerk schließlich genauer analysiert und die historische Entwicklung der Kathedrale nachvollzogen werden.

Sobald genügend Daten vorhanden sind, können die unterschiedlichen Quellen durch den Algorithmus des Start-Ups Iconem übereinander gelegt und in millimetergenaue 3D-Kopien überführt werden. Neue digitale Techniken um das „künstliche Sehen“ ermöglichen dabei die Aggregation und Klassifizierung der gesammelten Daten nach zeitlichen und räumlichen Einheiten. Microsoft stellt hierzu leistungsstarke Dateninfrastrukturen bereit. Erste 3D-Kopien des Notre-Dame sollen möglichst noch in diesem Jahr den Restauratoren kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

In einem Beitrag mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) berichtete der Firmenchef von Iconem, Yves Ubelmann, dass er in solchen Projekten vor allem eine “humanistische Mission mit Hightech-Mitteln” sehe. Das Start-Up aus Paris entwickelt mittels Drohnen- und Kameraaufnahmen hochpräzise 3D-Modelle von antiken Stätten, wie etwa von der archäologischen Stätte Pompeji in Italien. Die Resonanz über das Notre-Dame Projekt sei bis dato gut ausgefallen: Etwa 20.000 Fotos wurden über die Plattform bisher eingereicht. Nach wie vor bestehe aber noch ein wesentliches Problem: der Dachstuhl. Zwar seien Fotos von der Dachpartie vorhanden, jedoch gäbe es hier zu viele tote Winkel. Das würde eine genaue Dokumentation erschweren. Hier wären noch weitere Bilder und Daten notwendig. Aber es sei schließlich die Mission des Projekts, auch dieses Problem zu lösen und dabei zu helfen, Notre Dame wieder aufzubauen.

Quellen:


15.04.2020

Themen