Pilotprojekt des Bundes: BIM im Tiefbau - Tunnel

Der Umfang des BIM-Pilotprojektes Tunnel Rastatt konzentrierte sich auf alle Leistungen, die mit dem Hauptvertrag Tunnelrohbau vergeben wurden. Hierzu zählen beispielsweise das zweiröhrige Tunnelsystem in geschlossener Bauweise (4.720 Meter), zwei als Mikrodruckwellenbauwerke ausgeführte Tunnelportale sowie zwei Trogbauwerke (800 und 985 Meter) im Anschluss an die Tunnelportale.

Der Tunnel Rastatt bildet einen wichtigen Bestandteil der Ausbau-und Neubaustrecke Karlsruhe - Basel. Im Zuge der Gestaltung eines europäischen Güterkorridors zwischen Rotterdam und Genua wird die Stadt Rastatt durch zwei Tunnelvortriebsmaschinen mit einem Außendurchmesser von knapp 10,97 Metern unterfahren. Hierbei sind teilweise nur geringe Überdeckungshöhen von weniger als 4 Metern vorhanden. Um mögliche Oberflächensetzungen zu vermeiden, sind diverse Vereisungsschilde geplant, welche komplett rückstandsfrei aus dem Boden entfernt werden können. Die Tunnelportale sind als schallreduzierende Sonic Boom-Trogbauwerke 1ausgeführt und werden im Zuge der Tunnelbaumaßnahme zusätzlich errichtet. 2016 erfolgte das offizielle Andrehen der ersten Tunnelvortriebsmaschine zum Auffahren der ca. 4,2 Kilometer langen Röhren.

Zielsetzung

Grundlegende Ziele des BIM-Pilotprojektes waren das Sammeln von Erfahrungen und die vergleichende Bewertung zwischen BIM-Prozessen und klassischer Projektbearbeitung. Hierzu sollte die BIM-Planung parallel zur konventionellen Planung durchgeführt werden. Insbesondere sollten mögliche Effizienzsteigerungen der Planungs- und Projektmanagementprozesse durch eine verbesserte Kommunikation und Vernetzung aller Projektbeteiligten erzielt und untersucht werden.

Klassische Anwendungsfälle, wie das modellbasierte Zusammenarbeiten verschiedener Fachplaner, sollten die Planungsqualität und Planungssicherheit erhöhen, wodurch eine Reduzierung der Nachträge erwartet wurde. Aufgrund der nachlaufenden BIM-Planung und der sich somit ergebenden Vergleichsmöglichkeiten wurde ein weiterer Fokus auf die Plausibilitätskontrolle der konventionellen Mengenberechnung und den Vergleich zwischen klassischer und modellbasierter Rechnungsstellung gelegt. Folgende BIM-Ziele wurden im Pilotprojekt definiert:

  • Verbesserung der Kommunikation und Vernetzung aller Projektbeteiligten
  • modellbasierte Zusammenarbeit der Fachplaner
  • Steigerung der Effizienz in den Planungs- und Projektmanagementprozessen
  • Verbesserung der Leistungsmeldung
  • Simulation von Planungsvarianten und Bauzuständen
  • Erhöhung der Planungssicherheit und Reduzierung der Nachträge
  • Vergleich der klassischen Rechnungsstellung Bau mit einer modellbasierten Rechnungsstellung
  • Plausibilisierung konventioneller 2D-Mengenberechnungen
  • Erzeugung von 2D-Plänen aus dem Modell
  • Planungskoordination und Kollisionsprüfung

Fazit

Es hat sich gezeigt, dass die Methode BIM im Tunnelbau schon anwendbar ist.

Die formulierten Anwendungsfälle und BIM-Ziele entsprachen einem konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Die eingesetzte Soft- und Hardware entsprach den Anforderungen, also 3D-Modellierung, Modellkoordination, 4D- und 5D-Modelle, Datenhaltung und Versionsverwaltung etc. Es wurde gezeigt, dass die Methode BIM in komplexen Tunnelbauprojekten einsetzbar ist. Bei großen Modellen und bei der Zusammenführung von Teilmodellen zu einem Gesamtmodell gab es längere Ladezeiten und Verzögerungen bei der Visualisierung. Vor allem die Zusammenarbeit mehrerer Personen in einem Teilmodell war fürs Projektteam eine Herausforderung.

Das zeitige Abstimmen und die Standardisierung von Leistungsverzeichnis, Terminplanung und Modellstruktur hätte den Aufwand zum Erstellen von 4D- und 5D-Modellen deutlich reduziert. Vor allem das bestens aufgestellte BIM-Team und der erarbeitete BAP waren wesentlich für die erfolgreiche Abwicklung des BIM-Pilotprojektes. Entwicklungs- und Standardisierungspotenzial zeigt sich besonders bei BIM-spezifischen Vertragsunterlagen und ausschreibungsrelevanten AIA.

Beteiligte Organisationen

BIM-Berater
AEC3 Deutschland GmbH, München
Die AEC3 Deutschland GmbH ist ein auf Integrationsmethoden im Bauwesen spezialisiertes, unabhängiges Beratungsunternehmen, das sich schon seit über 10 Jahren  mit den Themen "Durchgängigkeit", "3D Planung", "Schnittstellen" und "BIM" beschäftigt. Hauptaugenmerk gilt der Prozessintegration mit dem Ziel einer durchgängigen Nutzung moderner IT Systeme. AEC3 unterstützt Planungsbüros, Baufirmen und öffentliche Auftraggeber bei der Standardisierung der Übergabeprozesse sowie der Überwindung von Medienbrüchen und Schnittstellenproblemen. Eine wichtige Beratungs- und Entwicklungsarbeit ist die Erstellung von BIM Handbüchern und Richtlinien für Bauprojekte, in denen die jeweiligen Aufgaben der Beteiligten nach dem Prinzip "Wer liefert was wann und in welcher Qualität?" festgelegt sind. Neben diesen Kompetenzen im Bereich Projektvorbereitung und -durchführung besitzt AEC3 umfangreiche Erfahrung aus nationalen und internationalen Forschungs-, Entwicklungs- und Standardisierungsprojekten.
  • München
  • Bauprozess - Projektentwicklung
  • Organisationsform - Beratung
Bauherr
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur
  • Berlin
  • Organisationsform - Öffentliche Behörde
Bauherr
DB Netz AG
  • Organisationsform - Bauunternehmen
Ausführungsplaner, BIM-Berater, Bauunternehmer, Entwurfsplaner
OBERMEYER Planen + Beraten GmbH
  • München
  • Bauprozess - Planungsprozess
Universität
Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften / Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen

Der Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen (IIB) der Ruhr-Universität Bochum, geleitet von Prof. Dr.-Ing. Markus König, befasst sich im Rahmen der Forschung mit Methoden zur Digitalisierung im Bauwesen. Bereits seit 2010 beschäftigt sich der Lehrstuhl mit dem Einsatz von digitalen Bauwerksmodellen zur Unterstützung von Planungs-, Ausführungs- und Betriebsprozessen. Die Schwerpunkte am IIB liegen auf den Forschungsthemen Datenmanagement, künstliche Intelligenz und Sensorik & Visualisierung.
Zur Optimierung der Verfügbarkeit, Zugänglichkeit und Qualität von Daten für die Planung, den Bau und den Betrieb von Bauwerken, werden unter anderem graphenbasierte Modellierungstechnologien, Blockchain-basierte Smart Contracts und Digital Twins eingesetzt.
Im Bereich künstliche Intelligenz konzentrieren sich die Forschungsvorhaben auf Technologien, welche die Planung, den Bau und die Überwachung von Bauwerken intelligenter, sicherer und kostengünstiger machen. Ziel ist es maschinelles Lernen mit modernem Datenmanagement in der Bauindustrie und BIM-Systemen zu verknüpfen.
Computer Vision birgt hier ein enormes Potenzial für den Bausektor. Die Fähigkeit der Objekterkennung sorgt dafür, dass zahlreiche Datenquellen wie Punktwolken, Bilder und Videoaufnahmen in Echtzeit untersucht werden können. Mittels weiterer KI-Verfahren können z.B. Materialien ermittelt, Bauteile rekonstruiert und Schäden detektiert werden. 
Weitreichendes Wissen wird auch im Bereich Sensorik & Visualisierung gewonnen. Dort wird in Projekten geforscht, in denen digitale Modelle für die Simulation von Produktions- und Logistikprozessen sowohl in Hoch-, Tief- als auch Tunnelbau verwendet werden.
Aktuell wird an der Weiterentwicklung von digitalen Modellen und der Generierung sowie Nutzung von digitalen Zwillingen durch die Integration von Echtzeit- und Nutzungsdaten für die Betriebsphase geforscht. Um die Potentiale dieser neuen digitalen Technologien voll auszuschöpfen, entstehen am IIB neue Visualisierungstechniken und Schnittstellen, um auch Augmented und Virtual Reality effizient zu nutzen und neue Ansätze für die Mensch-Modell Interaktion zu kreieren.

  • Bochum
  • Organisationsform - Universität/Fachhochschule

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